Kapitel 3 Schamlos
Emyr kehrte vor sechs Monaten nach Hause zurück. Bei seiner Rückkehr war er bereits behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen.
Bei Charmaines Rückkehr zu den Nelsons erfuhr sie von der Verlobung. Sowohl die Nelsons als auch die Reads waren zu dieser Zeit anwesend. Leah machte eine beiläufige, aber bedauerliche Bemerkung: "Wenn Herr Emyr früher zurückgekommen wäre, hätte ich in diese Familie einheiraten können, und dann hätte Chara zu Hause bleiben können, um mehr Zeit mit unseren Eltern zu verbringen."
Kaum hatte Leah diese Worte ausgesprochen, verhärtete sich Olympias Ausdruck.
Sie schalt sie spielerisch: "Du kannst ihn nicht heiraten. Wenn du diesen ... heiraten würdest, wie könntest du dann den Rest deines Lebens leben?"
Charmaines Augen fixierten Olympias Mund, als dieser das Wort 'Müll' lautlos formte. Aus Höflichkeit und Erziehung hielt sie sich zurück, aber die Verachtung in ihrem Gesicht war unverkennbar.
Leah blickte Charmaine an, zögerte, bevor sie sagte: "Aber Chara ... sie ... "
Olympia runzelte die Stirn und sagte: "Chara ist gerade nach Hause gekommen; sie kennt noch nicht einmal die Regeln. Wir werden die Verlobung später besprechen."
Zu dieser Zeit hatte Charmaine geglaubt, dass Olympia Pläne für ihre Zukunft machen würde. Jetzt, da ihre Zuneigung zur Familie verschwunden war, sah sie die Dinge klar.
Leah konnte den Müll nicht heiraten, wenn sie für 'später' übrig blieb.
In ihrem früheren Leben hätte sich an diesem Abend nichts geändert, wenn nichts passiert wäre, ihre Heiratsvereinbarung mit Emyr.
Deshalb schien es ihr in ihrer Verzweiflung nicht falsch, ihren Verlobten als Gegenmittel zu benutzen.
Nachdem sie sich ausgeruht hatte, fühlten sich ihre zitternden Beine etwas besser an. Charmaine war im Begriff zu gehen.
Sie machte einen Schritt, hielt aber inne und entschied sich umzudrehen.
Sie dachte, es sei am besten, ihrem Verlobten etwas Würde zu lassen.
Im Mondlicht sah sie schließlich das hübsche Gesicht des Mannes, das wie ein Meisterwerk des Gottes aussah. Selbst wenn er zerzaust und bewusstlos in seinem Rollstuhl saß, konnte er seine natürliche Autorität nicht verbergen.
"Ein so perfekter Mann! Was für eine Schande!"
murmelte sie und beugte sich hinunter, um seine zerrissene Hose über ihn zu legen und seine Knöpfe zu schließen.
Ein Anhänger auf Emyrs Brust rutschte unter seinem Kragen hervor.
Sie verengte die Augen. Nach einem Moment des Nachdenkens schob sie den Anhänger beiseite und zog seinen Kragen herunter.
Dort auf seiner gebräunten, muskulösen Brust war ein lebendiges Tattoo des Erzengels Michael. Der wilde Ausdruck und die imposante Figur auf seiner Brust standen im krassen Gegensatz zum Anhänger.
Charmaine starrte eine Weile darauf. Dann knöpfte sie jedes seiner Hemden einzeln zu, bevor sie ging.
Kurz nachdem sie gegangen war, erwachte der Mann im Rollstuhl langsam wieder zu Bewusstsein.
Das klebrige Gefühl um ihn herum, der zerzauste Zustand seiner Kleidung und die Schmerzen in seinen Beinen deuteten eindeutig darauf hin, was in dem Raum passiert war.
Emyrs Ausdruck blieb kalt, als er den Knopf an seinem Rollstuhl drückte. Ein Mann in Schwarz betrat schnell den Raum.
Als er die Szene vor sich sah, war Tad Anderson, ein erstklassiger Leibwächter der Welt, einen Moment lang fassungslos.
"Herr Emyr, Sie wurden ... "
Das Wort "verletzt" wurde unter Emyrs scharfem Blick zurückgeschluckt.
Emyrs Stimme war eisig, als er befahl: "Finde sie. Schneide sie auf und füttere sie den Hunden."
"Ja, Chef!"
...
Charmaine kehrte in das Gästezimmer zurück, das sie zuvor verlassen hatte, und hielt inne.
Hinter der Tür lagen Erinnerungen aus ihrem früheren Leben, an die sie sich bisher nicht getraut hatte, zurückzukehren.
Die Erinnerungen waren kristallklar. Drei fremde Männer lagen nackt auf dem Bett, ihre Kleidung über den Boden verstreut, ihre Familie stürmte herein, beschuldigte sie, ohne die Situation zu verstehen, und die Fremden verspotteten sie mit ihrem Gelächter und ihren Kommentaren.
Charmaine schloss die Augen, bevor sie die Tür öffnete und eintrat.
Die Szene war genau so, wie sie sich erinnerte - drei Männer lagen bewusstlos, nackt und verstrickt im Bett, der Anblick genauso abstoßend wie in ihrem früheren Leben.
Charmaine verzog die Lippen zu einem kalten Grinsen.
Wie sehr musste die Person hinter all diesem Hass sie hassen, um sie so ruinieren zu wollen?
Als sie nachdachte, erklang plötzlich ein scharfer Schrei des Schocks und der Enttäuschung hinter ihr.
"Chara, du ... wie konntest du so etwas tun?!"
Charmaine drehte sich ruhig um und stellte sich der Gruppe gegenüber, die gerade in den Raum gestürzt war.
Ihr Blick glitt über ihre komplizierten Gesichtsausdrücke und blieb schließlich bei Leah stehen. Sie versteckte sich schüchtern hinter Olympia.
Leahs unschuldiges Auftreten stand im scharfen Kontrast zu Charmaines ruhiger und gesammelter Haltung, was sie im Vergleich noch schmutziger und abscheulicher aussehen ließ.
Charmaine lachte still.
Sie war in ihrem früheren Leben so blind gewesen, ließ ihre Zuneigung zur Familie ihr Urteilsvermögen trüben und sah nicht die wahre Farbe dieses Heuchlers.
Als Erster fasste Alec sich wieder. Sein strenges Gesicht verhärtete sich, als er das Personal aufforderte, "Diesen Stock abriegeln."
Auch Milo kehrte in die Realität zurück. Er brüllte Charmaine ohne zu zögern an: "Ein Mann hat nicht gereicht? Und du brauchtest drei. Charmaine, hast du denn keinen Anstand?!"