Kapitel 5 Lass es dann los
Das Restaurant fiel in plötzliche Stille. Jedes Mitglied der Fairchild-Familie trug einen anderen Ausdruck, doch alle hatten denselben falschen, schuldigen Blick auf ihren Gesichtern.
Plötzlich gab es ein "Dumpf" als Olive vor Quinn zusammenbrach.
Sie weinte und schlug sich selbst ins Gesicht. "Es ist alles meine Schuld, alles meine Schuld! Es liegt daran, dass ich meinen Anfall hatte und Xavier und Mama sich um mich kümmern mussten, dass Quinn all dieses Leiden für mich ertragen musste!"
Nachdem sie sich selbst geschlagen hatte, stand sie auf und stürmte auf die nahe gelegene Wand zu und schrie: "Ich sollte diejenige sein, die stirbt!"
Die Schuld auf Xaviers Gesicht verschwand, und kurz bevor Olive gegen die Wand krachen konnte, zog er sie in seine Arme.
Olive brach in Xaviers Umarmung zusammen, weinte wie eine vom Regen durchnässte Birnenblüte und murmelte immer noch: "Es ist alles meine Schuld, alles meine Schuld!"
"Olive, warum bist du so töricht?" sagte Betty und hielt Olives Hand, während sie ihre Tränen abwischte.
Quinn sah kalt auf und gab ihnen einen Blick, bevor sie still blieb.
Früher, wenn Olive weinte, Wutanfälle hatte oder drohte, sich aufzuhängen, würde die Familie alles tun, um sie zu bedienen. Wie konnten sie sich um sie kümmern, die fast ihr Leben im Gefängnis verloren hätte? Wenn sie sich kümmerten, hätten sie sie nicht dorthin geschickt.
"Quinn, willst du nicht, dass die Fairchild-Familie in Frieden ist? Seit du zurückgekommen bist, hat Olive so sein müssen. Willst du uns zurückhaben?" Xaviers verdrehter Ausdruck war weit entfernt von seinem üblichen sanften Wesen. Aber es war nur eine weitere seiner Vortäuschungen.
Quinn warf ihm einen Blick zu, ihre Stimme ruhig und gleichgültig: "Herr Xavier, könnten Sie noch voreingenommener sein?"
War sie wirklich schuld daran?
Xavier hatte nicht die Absicht, ihr zuzuhören. Seine giftigen Worte schnitten wie Klingen. "Ich weiß nicht, von wem du das im Gefängnis gelernt hast, fast sterben, aber jetzt bist du in Ordnung und stehst hier, oder?"
Betty, die Olive hielt, konnte ihren Groll nicht verbergen. "Quinny, Olive hat sich noch nicht erholt. Du solltest diese Dinge jetzt nicht ansprechen."
"Mama, hör auf, Quinn die Schuld zu geben. Es ist alles meine Schuld. Ich werde nie wieder Sellerie essen, ich werde nie wieder mit Quinn um irgendetwas kämpfen!" Olive sagte und kämpfte darum, sich ins bereits rote Gesicht zu schlagen, aber ihre Augen, voller Trotz, richteten sich offen auf Quinn.
Xavier klopfte sanft auf Oliven zitternde Schultern und sagte leise: "Wie könnte es deine Schuld sein? Du bist auch ein Opfer. Niemand kann dir die Schuld geben. Lass uns gehen, ich werde dich zum Essen mitnehmen."
Damit legte er seinen Arm um Olive und führte sie hinaus.
Im Handumdrehen wandte sich Olive, die unkontrollierbar schluchzte, allen den Rücken zu und warf Quinn selbstgefällig einen Blick zu.
Sie formte lautlos mit den Lippen die Worte: "Du hast verloren."
Früher konnte Quinn sie nie schlagen. Jetzt, nach dem Gefängnis, schien es, als ob Quinn nachgegeben hätte.
Alles in der Fairchild-Familie gehörte Olive. Quinn würde nie einen Teil davon bekommen.
Zayden, der schweigend geblieben war, hob den Blick und überflog kurz Quinn, die so gleichgültig wie eh und je schien. Dann sagte er nichts, sein Ausdruck machte deutlich, dass das nichts mit ihm zu tun hatte.
Nachdem sich die Szene beruhigt hatte, konzentrierte sich Betty nicht mehr auf jegliche Vorstellung von mütterlicher Zärtlichkeit. "Quinny, ich bin satt, ich gehe zurück in mein Zimmer."
Sie ging schnell, als ob Quinn ansteckend sein könnte.
Schließlich wurde die Welt still. Quinn ließ die fest geballten Fäuste los. Vier karmesinrote Halbmonde waren auf ihren Handflächen erschienen, aber sie spürte keinen Schmerz.
Ein kaltes Gefühl auf ihrem Gesicht ließ sie sich umdrehen, nur um Zaydens Blick zu erhaschen - ruhig, aber voller unausgesprochener Bedeutung.
Vielleicht hatte auch Zayden, wie Xavier, bereits entschieden, dass alles ihre Schuld war.
Obwohl sie sich nicht mehr um die Fairchild-Familie kümmerte, tat es immer noch weh, so hart beurteilt zu werden.
Wer kümmerte sich um ihr Leben oder ihren Tod? Es war lächerlich.
Wie erbärmlich, verspottete sich Quinn innerlich und verließ das Restaurant, ohne sich umzusehen.
An diesem Abend konnte Quinn nicht schlafen.
Sie wurde durch ein Klopfen an der Tür geweckt, und Betty trat ein.
Die Zeit hatte keine Spuren auf Bettys Gesicht hinterlassen. Im Vergleich zur erschöpften Quinn sah Betty jünger aus.
Bettys schlanke Finger streiften Quinns Wange, spürten die Schärfe ihrer Knochen, und mit einem schmerzhaften Blick sagte sie: "Quinny, Xavier hat es nicht so gemeint. Olive war in den letzten Jahren emotional instabil, hat fast mehrmals Selbstmord begangen, deshalb war Xavier besorgt."
Quinn schwieg, ihre klaren Augen waren auf Betty gerichtet.
Betty, von ihrem Blick verunsichert, fühlte einen Stich des Schuldgefühls. Sie nahm Quinns Hand und versuchte, ihr ein Armband um das zarte Handgelenk zu legen. "Das war von deiner Großmutter, und ich..."
Quinn riss ihre Hand weg, als wäre sie verbrannt. "Ich bin müde. Ich muss mich ausruhen."
Quinn fand es absurd. Jetzt wussten sie also, wer die Betrogene war.
Dachten sie, wenn sie ihr etwas gäben, würde sie wieder zur alten Quinn werden und bei ihrem Schauspiel der Familienharmonie mitspielen?
Jetzt war ihr Kopf voller Pläne für eine Zukunft ohne die Familie Fairchild. Jede Minute hier verbrachte, ließ sie sich zutiefst angewidert fühlen.
Betty stand da, fassungslos, als Quinn sich ohne Antwort abwandte.
Betty weinte lange Zeit still, bevor sie das Armband zurückließ und ging.
Als Quinn zum ersten Mal zur Familie Fairchild zurückgebracht wurde, spürte sie Bettys echte Zuneigung. Neben ihrem Großvater war Betty die einzige, die sich wirklich um sie kümmerte. Aber nach Olives Ausbruch änderte sich alles.
"Späte Zuneigung ist schlimmer als die Treue eines Hundes", dachte sie bitter. Außerdem war ihre Zuneigung nur Fassade.
Sie wünschte sich nur, dass ihr Großvater sicher und gesund bleiben konnte.
Quinn stand auf und schob das Armband in den Schrank der Kinderfrau.
Am nächsten Morgen wurde Quinn, die bereits ein Leichtschläfer war, durch den Lärm draußen geweckt. Es stellte sich heraus, dass der älteste Sohn der Familie Fairchild, Colton, zurückgekehrt war.
Es war dank Coltons "geheimer Hilfe", dass sie Olive im Gefängnis ersetzen konnte.
Sonst hätten zwei Menschen mit so unterschiedlichen Gesichtern den Richter und die Gefängniswärter täuschen können?
Quinn stand auf dem Balkon im zweiten Stock und beobachtete Colton.
Sie erinnerte sich daran, dass Colton immer mit Arbeit beschäftigt war, aber das Geschäft der Familie Fairchild schien nicht besser zu sein. Doch als er Zayden sah, benahm er sich wie ein Hund, der einen Knochen sah.
Olive, in einem hochwertigen Seiden-Nachthemd gekleidet, stürzte in Coltons Arme, ihre Stimme war weich und verspielt. "Colton, du bist endlich zurück! Ich habe dich so vermisst."
Colton tätschelte liebevoll Olives Nase. "Es ist meine Schuld, ich habe Kürbis traurig gemacht. Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht."
Olive entdeckte Quinn und zeigte freudig auf den Balkon. "Colton, Quinny ist zurück! Hast du ihr ein Geschenk mitgebracht?"
"Quinn, Colton ist zurück! Komm runter, lass uns das Geschenk anschauen, das er für dich mitgebracht hat!"
Quinn blieb stehen und sah auf sie hinunter.
Colton bemerkte Quinns schäbige Kleidung und runzelte die Stirn. "Wenn du ein Teil der Familie Fairchild bist, musst du immer das Image der Familie wahren. Was trägst du?"
Quinn war nicht überrascht. Gestern kritisierte er ihre Essgewohnheiten, heute waren es ihre Kleider.
Colton setzte sich auf das Sofa und wandte sich ihr zu. "Ich wusste nicht, dass du zurückkommst..."
Hah, das hatte sie bereits erwartet. Aber es war ihr egal.
Es war schon Morgen. War Opa immer noch nicht auf?
Quinns Herz schlug. Sie würde gleich ihren Großvater sehen.
"Hast du mich nicht gehört?" sagte Colton, seine Stimme vor Wut angespannt, unfähig, Quinns Gleichgültigkeit zu tolerieren.
"Colton, sei nicht wütend. Quinn ist nur schlecht gelaunt", sagte Olive und wedelte mit der Geschenkbox, als würde sie prahlen.
Quinn tat so, als sähe sie es nicht und ging zurück in ihr Zimmer.
Olive, unfähig zu prahlen, erzählte Colton leise von den Ereignissen des gestrigen Tages und heizte die Stimmung an.
Colton blieb gleichgültig. Diese kleinen Streitereien störten ihn nicht. Er hatte jetzt nur eine Sache im Kopf. "Quinn, du warst im Gefängnis, dein Ruf ist ruiniert, du bist Zayden nicht mehr würdig. Die Verlobung zwischen dir und Zayden..."
"Then lass es los", unterbrach Quinn, ihre Stimme flach und gleichmäßig, fast unerwartet.
In diesem Moment hielt Zayden draußen vor der Tür inne und hörte ihre Worte.