Kapitel 2 Plötzlich verheiratet
Eine Stunde später verließ Emilia das Standesamt mit der Heiratsurkunde in der Hand. Sie fühlte sich wie im siebten Himmel, als ob alles nur ein Traum gewesen wäre.
Nie hätte sie gedacht, dass sie eines Tages plötzlich einen Mann heiraten würde, den sie gerade erst und nur zufällig getroffen hatte. Vielleicht ist das Schicksal?
Sie senkte den Blick und betrachtete das Foto, auf dem sie Seite an Seite saßen. Der Gesichtsausdruck des Mannes war ausdruckslos, während der ihre offensichtlich ihr Unbehagen und ihre Zweifel ausdrückte.
Unter dem Foto standen ihre beiden Namen. Wie absurd ist es, dass ich gerade erst den Namen meines neuen Ehemanns erfahren habe? Ausgerechnet von einer Heiratsurkunde! Finn Norten. Ein einfacher, aber passender Name für einen Mann wie ihn.
„Emilia Wieland?“
Auch der Mann – Finn – starrte auf seine Heiratsurkunde. Er sprach ihren Namen langsam aus, der tiefe Klang seiner Stimme ließ ihn sanft über seine Lippen gleiten. Die Art, wie er ihn aussprach, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
Während sie noch mit ihrem geänderten Familienstand kämpfe, tauchte plötzlich eine Hand vor ihr auf. Zwischen zwei Fingern steckte eine Karte.
„Frau Wieland, ich weiß, dass eine Hochzeit und ein Ehering zu den Ereignissen gehören, denen eine Frau am meisten entgegenfiebert. Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass ich keine Zeit für all das habe. Wenn Sie wirklich einen Ring möchten, können Sie sich selbst einen aussuchen.“
Emilia neigte den Kopf nach hinten und traf Finns undurchsichtigen Blick.
„Das ist nicht nötig.“ Sie winkte hastig ab. „Ich lege keinen Wert auf solche Formalitäten.“
Sie war längst über das Alter hinaus, in dem sie sich um solche romantischen Gesten kümmern würde. Noch wichtiger war, dass sie nicht das Gefühl haben wollte, ihm etwas schuldig zu sein, obwohl er rechtmäßig ihr Ehemann war.
„Zumindest einen Ring sollten Sie besorgen.“ Damit griff er nach ihrem Handgelenk und schob seine Karte in ihre Hand.
In dem Moment, in dem sich ihre Hände berührten, jagte der leichte Temperaturunterschied einen Ruck durch Emilia. Sie war ziemlich überrascht von seiner Wärme.
„Also gut.“ Da sie sozusagen frisch verheiratet waren, wollte sie sich nicht mit ihm über seine guten Absichten streiten. Daher nahm sie die Karte an und verstaute sie in ihrer Tasche.
„Ich habe am Nachmittag eine Besprechung, also werde ich jetzt gehen. Sie müssen sich selbst um Ihren Transport nach Hause kümmern.“ Sein Tonfall war so neutral wie immer.
„In Ordnung.“ Sie hatte sich keine Hoffnungen gemacht, dass er sie tatsächlich wie eine richtige Ehefrau behandeln würde, jemanden, den er lieben und gerne verwöhnen würde. Deshalb war sie nicht enttäuscht, dass er sie dort alleine ließ.
Plötzlich erinnerte er sich an etwas und sagte: „Übrigens, ich schicke Ihnen im Laufe des Tages meine Privatadresse. Ziehen Sie einfach ein, wenn es Ihnen passt.“
Sie hatten vorhin ihre Telefonnummern ausgetauscht, als sie ihre Heiratsurkunden erhielten.
„Ich habe es nicht eilig!“, antwortete sie schnell.
Obwohl es Sinn machte, dass sie nach der Heirat zusammen leben sollten, war sie tatsächlich einfach noch nicht bereit, mit einem Fremden unter einem Dach zu leben.
Vielleicht war die Ablehnung in ihrer Stimme zu offensichtlich, denn Finn hob den Kopf, um sie anzusehen. Emilia errötete ein wenig vor Verlegenheit.
Doch er reagierte nicht darauf. Er drückte lediglich einen Knopf an seinem Rollstuhl, um ihn in eine andere Richtung zu drehen. „Wenn es sonst nichts mehr gibt, werde ich mich jetzt verabschieden.“
„In Ordnung.“
Sie wartete darauf, dass er in ein schwarzes Auto stieg, bevor sie sich ebenfalls auf den Weg machte.
Danach rief sie sofort in der Personalabteilung ihrer Firma an. Sie teilte ihnen mit, dass sie in Kürze in Frankfurt gemeldet sein würde.
Sie atmete erleichtert auf, als man ihr bestätigte, dass man für sie und ihre Familie die örtliche Krankenversicherung beantragen würde.
Heute zu heiraten, war zwar eine ziemlich voreilige Entscheidung von ihr gewesen, aber zumindest hatte sie endlich das Problem gelöst, das sie schon seit geraumer Zeit gequält. Endlich musste sie sich nicht mehr um die Arztkosten ihrer Mutter sorgen.
Als Emilia bei Glamour Magazin, ihrem Arbeitsplatz, ankam, stellte sie fest, dass sie noch etwas Zeit bis zum Interview am Nachmittag hatte.
In ihrer verbleibenden freien Zeit ging sie zum angrenzenden Einkaufszentrum, um mit der Kreditkarte, die Finn ihr gegeben hatte, ein Paar Eheringe zu kaufen.
Danach kehrte sie an ihren Schreibtisch zurück und setzte sich, um die Informationen für das Nachmittagsinterview noch einmal durchzugehen. In diesem Moment rollte Sarah ihren Bürostuhl herüber. Ihre Augen funkelten, als sie fragte: „Emilia, was ist mit dem Ring?“
„Dir entgeht auch nichts, nicht wahr?“ Emilia hatte nicht die Absicht, etwas zu verbergen. Schließlich wusste die Personalabteilung bereits, dass sie ihren Wohnsitz gewechselt hatte. Bald würde jeder in der Firma von ihrem neuen Familienstand erfahren. „Ich habe vor kurzem geheiratet.“
„Herzlichen Glückwunsch, Emilia!“ Sarah nahm den Ring genau unter die Lupe und fragte: „Hat dir dein Mann den geschenkt? Es ist kein besonders großer Diamant, oder? Wie viel hat er gekostet?“
„Etwas über tausend.“
Da Emilia nichts über Finns finanzielle Situation wusste, hatte sie ein Paar der billigsten und einfachsten Ringe ausgewählt, die sie finden konnte.
Sarah runzelte die Stirn und sagte mit ernstem Gesichtsausdruck: „Emilia, das geht einfach nicht! Ein Ehering ist ein Symbol für eure Ehe. Wie verlässlich kann ein Mann sein, wenn er dir nicht einmal einen besseren Ring kaufen will?“
„Das ist schon in Ordnung. Er gibt sein Bestes“, antwortete Emilia. Als sie den mitfühlenden Blick in den Augen der anderen Frau bemerkte, wurde ihr klar, dass Sarah wahrscheinlich dachte, ihr neuer Ehemann sei nicht sehr wohlhabend.
„Das reicht. Lassen wir das.“ Sie wechselte schnell das Thema, da sie sich nicht länger mit damit aufhalten wollte. „Bist du bereit für das Interview später?“
„Hahaha, auf jeden Fall!“ Emilias Ablenkungsmanöver war erfolgreich gewesen, denn Sarah deutete auf die Kleidung, die sie trug. „Emilia, was meinst du? Sehe ich schön aus?“
Erst jetzt bemerkte Emilia, dass ihre Kollegin einen rosa-weißen Rock-Zweiteiler trug. Auch ihre Haare waren sorgfältig gestylt.
„Du siehst umwerfend aus!“ lobte Emilia.
Sarah errötete bei ihrem Kompliment, und ihre Augen leuchteten vor Freude auf. „Dann glaubst du, dass ich eine Chance bei dem wohlhabenden Junggesellen und Präsidenten der Finnor Group habe?“